Ich mag Staufenberg als Attentäter irgendwo weil er so stark die Handlungsmoral des alten (und aktuellen 🥲) Deutschlands wiederspiegelt. Fast zu spät, möglichst unpraktisch und überkompliziert.
Das wäre eine tolle meme Grundlage 😁
Finde es schon symbolisch, dass in der BRD “stramme Volksgenossen”, die hauptsächlich einen besser Feldherren als Führer wollten, so heroisiert wurden und werden, während man den widerstand zahlloser Kommunist*innen ignoriert (waren übrigens auch mit die ersten Leute, die in KZs gesteckt wurden, neben Jüd*innen natürlich)
Der Fairness halber muss man sagen, dass in der Gruppe rund um Stauffenberg auch schon echte, aufrichtige Demokraten waren. Aber es war ein wilder Mix, vom Kriegsverbrecher mit Amgst vor der roten Armee, über “christliche Traditionen wiederherstellen”-Konservativen mit ambivalentem Verhältniss zur Demokratie, bis hin zum authentisch humanistischen und überzeugten Widerständler. Stauffenberg selbst war definitiv ein Feind der Nazis - aber man weiß auch, dass er wie viele andere auch nach dem Sieg über Frankreich erstmal so eine “Naja, erstmal gewinnen, die scheinen ja grad den Krieg gut zu managen”-Einstellung hatte.
(Um mal überspitzt zu antworten) Also kurzgesagt: “Kollaborieren bis es einem nicht mehr passt”?
War garantiert bei einigen so. Aber definitiv nicht bei allen. Der militärische Widerstand war auf Staatsstreich aus und das war nach dem Sieg in Frankreich nicht mehr realistisch, da Hitler auf dem hoch seiner Beliebtheit war. Viele der Militärs haben auch sehr damit gehadert, ihren Eid zu brechen, auch wenn sie gegen Hitler waren. Aus heutiger Perspektive absolut schwachsinnig, aber für diese Leute war das Teil der Identität.
Aus heutiger Sicht witzig war auch die monatelang diskutierte Frage, ob sie als Christen Hitler töten dürften.
Ja, gerade bei Militärs ist das schon absurd.
Finde ich daneben. Die Gruppe hat es versucht und damit mit dem Leben bezahlt. Werden jetzt die verschiedenen Widerständler gegeneinander aufgewogen, wer bessere Motive hatte oder zuerst war? Was soll das?
Die Frage nach der Motivation ist berechtigt und auch wichtig.
Das ganze mal auf die Spitze getrieben: Hitler hat Hitler umgebracht. Ist er deswegen weniger schlecht?
Ich finde diese abwertende Art deplatziert, bei Menschen, die ihr Leben uns das ihrer Familien opferten bzw… Riskierten, um einen Diktator zu töten. Nur weil es Militärs waren, heißt das nicht, dass man sie herabwürdigenden muss. Vor allem von Leuten, die nie in der Lage waren, solche Entscheidungen treffen zu müssen.
Ich werte Staufenberg nicht ab, weil er ein Militär war. Ich werte ihn ab, weil er ein Mitläufer war, der erst als es so aussah, dass es ihm aufgrund der drohenden militärischen Niederlage, wohl bald selbst an den Kragen gehen könnte, aktiv wurde.
Und um direkt den nächsten Punkt vorwegzunehmen: Dass ich ihn abwerte, bedeutet nicht, dass ich sein Opfer nicht würdige. Nur diese ganze Romantisierung um “sein” Attentat, an dem ja noch viel mehr Leute beteiligt waren, wird ihm und vor allem den vielen anderen Personen, die sich gar nicht erst am Nationalsozialismus beteiligt haben und im Widerstand waren, nicht gerecht.
Naja, in Aufmerksamkeit und Rolle im Narrativ werden sie ja eben de-fakto schon heute gegeneinander aufgewogen, Stauffenberg wird in Schulen deutlich regelmäßiger behandelt, hat deutlich mehr Berichterstattung zu Jubiläen und co., und wird auch oft unkritisch dargestellt. Aber er war halt… nicht so weit weg vom Faschismus wie man sich gewünscht hätte. Hat schon Gründe, dass z.B. die Wirmer-Flagge sich auch heute oft mal bei Rechtsradikalen Verschwörungstheoretikern im Schrebergarten findet, die mit der Stauffenberg-Gruppe die Hoffnung auf ein nicht durch die totale Niederlage gedemütigtes, straff durch die “Guten” Rechten geführtes Deutschland verbinden.
Dass das auf persönlicher Ebene immer noch jede Menge Mut erfordert hat, steht außer Frage. Das Meme ist eher ein Ausdruck an Frustration mit Mainstream-Heldenverehrung von Stauffenberg und seiner Gruppe die ideologisch doch stark bei den Interessen der alten Junkerklasse und Militärelite stand, während Georg Elser eher nur von Menschen mit zumindest etwas Enthusiasten-Interesse an Geschichte wirklich gekannt wird. Obwohl seine Geschichte aus meiner Sicht auch tatsächlich interessanter ist. (Ein Attentat auf Hitler planen, das knapp fehlschlägt, wenn man selbst in der Militärführung steckt ist mutig und interessant; Ein Attentat als Tischler ohne große Verbindungen planen, das auch nur knapp fehlschlägt, ist in meinen Augen halt tatsächlich Anerkennungswürdiger und interessanter.)
Heldenverehrung ist selten angebracht, ich glaube die wenigsten historischen Figuren haben Ansichten die kompatibel mit heutigen Werten sind. Aber interessant dass das gerade bei Rechten jetzt so sein soll. Gerade die haben bis lange nach dem Krieg die Widerständler als Volksverräter angesehen. Das knappe fehlschlagen ist tatsächlich faszinierend. Viele wissen gar nicht, wie lächerlich oft alleine der militärische Widerstand versucht hat, Hitler zu töten und wie er mit dümmsten Zufallen immer davon kam. Ab einem gewissen Punkt ging es auch gar nicht mehr um Erfolg, sondern darum, es versucht zu haben. Diese Haltung hat soweit ich mich erinnere vor allem Henning von Tresckow vertreten. Alleine deswegen habe ich Respekt vor diesen Menschen und sie sollten nicht vom hohen Ross herabgewürdigt werden. Aber ich gebe zu, im Unterricht gehen viele Nuancen verloren und es werden oft nur einzelne ins Rampenlicht gestellt. Stauffenberg war ja auch kein Einzeltäter und hat mit einigen Fehlentscheidungen auch zum Misserfolg beigetragen. Ich denke das ganze ist eben auch wegen des geplanten Staatsatreiches eine spektakuläre Aktion gewesen und deswegen für die meisten “spannender” als ein Einzeltäter. Edit: Bzgl. Einfacher Tischler vs. Militärs: so viel mehr ausgefuchst haben die sich auch nicht angestellt. Die ganzen Versuche waren oft überraschend low tech und wenig professionell. Also ich fand das zumindest so, ohne selbst der super Experte zu sein. Aber ja, da gebe ich dir Recht, das ist schon eine Leistung für einen einzelnen Laien.
Georg hätte vielleicht Hitler getötet, aber er hatte keinen Plan für danach. Göring hätte die NSDAP weiterführen können und die Nazis an der Macht halten.
Von Stauffenberg hatte einen konkreten Plan für die Übernahme der Regierung. Also ne ganz andere Hausnummer.
Es gab so viel Widerstand dass man gar nicht allen die gleiche Aufmerksamkeit geben kann, daher stellt sich die Frage automatisch. Die Frage nicht zu stellen, heißt nicht, neutral zu sein, sondern am Status Quo und dessen Narrativen festzuhalten. Zum Beispiel wird kaum jüdischen Gruppen gedacht, sondern Jüd*innen werden immer nur als Opfer gesehen. Und ich nehmen mich da nicht raus, ich kann dir auch keine nennen.
Für Interessierte: https://www.gdw-berlin.de/vertiefung/themen/171-widerstand-von-juden/ ist eine ganz gute zusammenfassende Übersicht zum Starten.
Da habe ich mir tatsächlich auch noch nie Gedanken drüber gemacht. Vielen Dank für den Link!
Stimme ich vollkommen zu. Man soll keine Heldenverehrung an den tag legen, aber mich stört das plumpe Abwerten und gegeneinander aufwiegen wie Quartettkarten. Hat für mich den gleichen vibe wie die Sesselgeneräle, die aus sicherer Entfernung alles besser wissen. Aber soviel Nuance ist bei einem Meme auch wohl nicht zu erwarten, es hat mich nur gewurmt 😊
Es geht primär um die Darstellung in Medien und Bildung. Stauffenberg kaut man mehrfach durch, von Georg Elser hört man nichtmal was
Arbeiterklasse vs Adeliger nicht zu vergessen
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